Von der Bielefeld – Verschwörung hat ja eventuell der eine
oder andere schon gehört. Wenn nicht, sie besagt dass es die Stadt Bielefeld
einfach nicht gibt. Alles Lug und Betrug!
In Wittenberg verhält es sich offenbar ähnlich. Allerdings
existiert hier die Stadt, aber es gibt keine Einwohner.
Wittenberg ist eigentlich ein kleines Städtchen mit einer
groß angelegten Fußgängerzone in der Innenstadt und jeder Menge Läden und
Lokalitäten. Wenn ich aber nach der Arbeit, gegen 18 Uhr „um den Block gehe“
treffe ich keine Menschenseele. Der Großteil der Restaurationen hat geöffnet,
ist aber verwaist. Irgendjemand muss doch die Stadt aufgebaut haben? Also am letzten Wochenende mit einem Kollegen
aufopferungsvoll einem Selbsttest unterworfen.
- · 17 Uhr - in Richtung Kino aufgebrochen um gegen 17.45 Uhr – Film „Monsieur Claude …“ anzuschauen und anschließend etwa essen zu gehen. Ha! Unterwegs treffen wir auf insgesamt 4 Lebewesen, alle in Bermudashorts-ähnlichen Kleidungsstücken. Sind wir in einen Zeitstrudel geraten und um Monate, wenn nicht sogar Jahrzehnte, in eine andere Epoche zurückkatapultiert worden? Aber immerhin … wir sind nicht alleine in der Stadt.
- · 17.05 Uhr - Hmmmmh … ging doch schneller als erwartet. Na dann kann man ja noch ein Bierchen trinken gehen ABER WO? Weit und breit nicht eine Möglichkeit zur Hopfen-und Malz-Aufnahme
- · 17.25 Uhr – Na dann eben zurück zum Kino und Bier und Nachos geordert. Nachos (3,50€) bestehend aus gefühlten 263 ml Käsesoße, 173gr. Jalapeños und 3,1415926 kg Nachos. Puuuuh. Macht schon etwas satt
- · 17.40 Uhr – Einlass, 17.45 Uhr Werbung beginnt, 17.55 – Film beginnt. Sind jetzt etwas überfordert und SO viele Leute! Mindestens 15!
- · 19.35 Uhr – Film zu Ende (sehr amüsant). Irgendwie kann sich kein Hunger einstellen … Aber man kann ja noch ein Bierchen trinken gehen.
- · 19.45 Uhr – stehen auf einer größeren Kreuzung, Richtung Altstadt. Nichts! Kein Auto, kein Mensch, kein Leuchtschild mit einem Bierglas
- · 19.50 Uhr – Entdecken einen „Italiener“. Oder besser eine Kneipe mit italienischem Nahrungsschwerpunkt, ca. 16 m² groß. Trinken ein Bier zu jeweils überraschenden 3,40€. Uppps, müssen wohl schon ganz nah am Zentrum sein.
- · 20.01 Uhr– Nichts war mehr wie vorher! Sind im halbwegs gefüllten Brauhaus gelandet und versuchen uns am hauseigenem Wittenberger Bier für 3,60€. Das erste Bier weltweit das absolut OHNE jeglichem Geschmack gebraut wird. Also warum sind die Leute hier? Ein Treffen der AAmB? (Anonyme Alkoholiker mit Bermudashorts)
- · 20.30 Uhr – kapitulieren und gehen resignierend Richtung Hotel. Vorbei an einem Schild welches für ein „Herricht & Preil“ – Abend wirbt für 49€, inkl. 3 Gänge-Menü. Ich hätte schwören können die sind schon tot.
- · 20.35 Uhr – Ein Lichtblick! Staropram-Reklame lockt uns in eine nahezu unbeleuchteten Nebengasse. Wir stürmen in das Lokal und schrecken die verträumte Wirtin aus ihren Vorruhestandsträumen. Die Business-Lady geht sofort in die Offensive: „Wir haben ein Fassbier aus Thüringen und einige Flaschenbiere.“ Gehört Staropram zu Thüringen? Sicherheitshalber fragen wir nach: „Welches Fassbier?“ Schulterzucken. Weiß sie es nicht oder darf sie es uns nicht sagen? Egal! Nach dem Brauhaus-Bier haben wir nichts zu verlieren. Wir schaffen sogar ein Zweites. Zahlen je Getränk 2,90€ für das unbekannte Gesöff und ziehen endgültig Richtung Hotel.
- · 21.30 – Uhr sind im Hotel bei einem Absacker (Herforder Zapfanlage, Radeberger-Glas, Märk. Landmann-Pils) und philosophieren über Sinn des Lebens in Wittenberg.
Fazit:
Wittenberg ist nicht gänzlich unbewohnt. Durch den völlig
undurchschaubaren Handel mit überteuerten, teilweise geschmacklosen, Gerstensäften
hat sich die Bevölkerung aber weitgehend zurückgebildet. Allem Anschein nach
sitzt sie Nachos essend zu Hause und
bestellt in Katalogen aus dem vergangenen Jahrtausend Shorts. Sie bewahrt sich
aber ihren Humor indem sie alte Veranstaltungsplakate in der Stadt aufhängt und
so gestrandet Touristen verwirrt.
ALSO: Wittenberg ≠
Bielefeld. Es gibt diese
Stadt wirklich und hat auch richtige Bewohner. Und wenn man eher tagsüber
unterwegs ist und den Schwerpunkt überwiegend auf Luther setzt kann man sogar
ein versöhnliches Wochenende verbringen.